Isotopenproduktion Rossendorf
Rubriken: Rossendorf, Isotopenproduktion, zurückgebaut, VKTA
Anlage |
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Name der Anlage: | Isotopenproduktion |
Bundesland: | Sachsen |
Betreiber: | VKTA – Strahlenschutz, Analytik & Entsorgung Rossendorf e.V. In der DDR: Zentralinstitut für Kernforschung (ZfK), 01.01.1956 in Dresden gegründet. Die Isotopen wurden unter dem Namen Isocommerz GmbH weltweit vertrieben. Nach 1990 gingen die Forschungsaufgaben des ZfK auf das Forschungszentrum Rossendorf (FZR) (heute Helmholtz-Zentrum Dresden-Rossendorf - HZDR) und die kerntechnischen Anlagen zum Rückbau sowie die Entsorgungsanlagen auf die neu gegründete VKTA über. |
Gesellschafter: | Mitglieder: Freistaat Sachsen (Staatsministerium für Wissenschaft und Kunst) sowie 13 Einzelpersonen. Sie setzen sich v.a. aus ehemaligen Mitarbeitern des ZfK zusammen, die bei der VKTA, dem HZDR und der TU Dresden arbeiten bzw. arbeiteten. Fördernde Mitglieder: Wirtschaftsverband Kernbrennstoff-Kreislauf e. V., Rotech GmbH, Hochschule Zittau/Görlitz, Staatliche Studienakademie Riesa [1] |
MitarbeiterInnen: | VKTA gesamt 101 [1] |
Anlagen zur Isotopenproduktion: [2] | Zyklotron U-120 Radiopharmazeutisches Laboratorium (Gebäude 8c und 8d, Bereiche im Keller- und Erdgeschoss der Gebäude 90 und 91) Anlage für Strahlenquellen (Gebäude 91) Insgesamt 70 Heiße Zellen bzw. BoxenAMOR (Anlage zur Molbydän-Produktion Rossendorf): Brennelementauflösung und Uranrückgewinnung (kleine Wiederaufarbeitung), (Gebäude 91 und 91.4) |
Umsatz: | Drittgrößte kommerzielle Isotopenproduktion mit einem weltweiten Vertrieb. 1990 wurden mehr als 100.000 radioaktive Präparate ausgeliefert, davon 50% für den Export; Umsatz 20 Millionen Mark [3] |
Zweck: | Auf Basis von 84 verschiedenen Radionukliden wurden ca. 250 markierte organische Verbindungen und ca. 150 Produkte an Radiochemikalien, Radiopharmaka und umschlossene Strahlenquellen produziert. [2] |
Baubeginn: | 29.05.1955: Abkommen über die Hilfeleistung der Union der Sozialistischen Sowjetrepubliken an die Deutsche Demokratische Republik bei der Entwicklung der Forschung auf dem Gebiet der Physik des Atomkerns und der Nutzung der Kernenergie für die Bedürfnisse der Volkswirtschaft: Lieferung des Rossendorfer Forschungsreaktors und eines Zyklotrons [3] |
Inbetriebnahme: [3] | 1957 Forschungsreaktor Rossendorf 1958 Zyklotron U-120 1976 Heiße und Warme Zellen 1981 AMOR I 1985 AMOR II |
Betriebseinstellung und Wieder-inbetriebnahme nach 1990:[2] | 30.12.1991: Betriebseinstellung aller Isotopenproduktionsanlagen durch Anordnung des Staatsministeriums 30.04.1992: Wiederinbetriebnahme der Anlage für Strahlenquellen 27.12.1993: Wiederinbetriebnahme des Radiopharmazeutischen Labors |
Genehmigungs- und Aufsichtsbehörde: | Sächsisches Staatsministerium für Umwelt und Landwirtschaft (SMUL) |
Umgebungs- | Staatliche Betriebsgesellschaft für Umwelt und Landwirtschaft |
Besondere Gefahren: | Das Forschungszentrum Rossendorf hat jährlich das 50 bis 100fache an Jod 131 im Vergleich zum AKW Greifswald emittiert. Auch die Emissionen an radioaktiven Edelgasen überstiegen die des AKW Greifswald. [4] "Es gibt Anzeichen dafür, daß es auch in der Umgebung des ZfK Rossendorf überdurchschnittlich viele Leukämiefälle gibt. Möhner und Stabenow haben für die 10-km-Region um Rossendorf 6 Leukämiefälle gefunden, zu erwarten gewesen wären nur 2,84 Fälle."[4] Der Einsatz von HEU bringt die Prolieferationsgefahr mit sich. In den Berichten der DDR an die IAEA wurden folgende Mengen an HEU als fehlend ausgewiesen: 1986 559g, 1987 613g, 1988 326g und 1989 1034g. Die IAEA stufte diese Mengen allerdings als unerheblich ein. [4] |
Stilllegung |
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Endgültige Stilllegung: | 1990: Außerbetriebnahme des Anlagenkomplexes AMOR I/II [2] 1999: Außerbetriebnahme des Radiopharmazeutischen Laboratoriums [2] 30.06.2000: Außerbetriebnahme der Anlage für Strahlenquellen durch atomaufsichtliche Anordnung [2] 2006: Betriebseinstellung des Radiochemischen Labors für stilllegungsbegleitende Arbeiten [5] |
Rückbau: | Der Rückbau der Rossendorfer Anlagen wurde in 3 Rückbaukomplexe eingeteilt. Die Anlagen der Isotopenproduktion wurden mit dem radiochemischen Labor, den zugehörigen Gebäuden und Außenanlagen zum Rückbaukomplex 2 zusammengefasst. [2] 1997: Abriss des ersten Gebäudes (Gebäude 8c) des Rückbaukomplexes 2 nach seiner Freimessung. [2] 2000: Leerfahren des Anlagenkomplexes AMOR I/II (Uranfrei) [5] "Für das Ausräumen der Heißen Zellen der Anlage für Strahlenquellen und des Anlagenkomplexes AMOR wurden spezielle Fernhantierungseinrichtungen sowie fernbediente Schleuseneinrichtungen entwickelt und eingesetzt." [5] 2006: Abschluss Abriss Gebäude 91.4 [5] 2008: Abschluss Abriss Gebäude 91.1 bis 91.3 und des Fortluftkamins [5] 2009: Abschluss Abriss Gebäude 8d und Heiße-Zellen-Trakt [5] 2010: Abschluss der Bodensanierungsarbeiten in den Abbruchbereichen I und II, [5] Stärke der Abdeckung mit standorteigenem Verfüllmaterial laut Genehmigung mindestens 30 cm bei Abbruchbereich I und 80 cm bei Abbruchbereich II [6] 2011: Abschluss der Rückbautätigkeiten im Gebäude 90; Freigabe der Abbruchbereiche I und II [5] 2012: Freigabe des Abbruchbereichs IV [5] 2013: Abschluss Totalabbruch des Wassertresors und Tiefkellers unter dem ehemaligen Gebäude 91. Die Kellerbodenplatte sollte urspünglich verbleiben und freigemessen werden. Doch nach Abtragung der Wandoberfläche zeigte sich, dass die Wand und insbesondere die Gebäudefugen so stark kontaminiert waren, dass eine weitere Behandlung mit dem Ziel der Freimessung unkalkulierbar war. [5] Vor Ort verblieben sind drei Seiten eines am Tiefkeller und Wassertresor umlaufenden Betonkeils. [7] 2014: Abschluss der Bodensanierungsarbeiten im Abbruchbereich III [5]; Stärke der Abdeckung mit nicht kontaminiertem, standortfremden Material laut Genehmigung mindestens 80 cm. [8] 05.11.2014: Feierliche Entlassung des letzten Strahlenschutzbereiches des Rückbaukomplexes 2 aus dem Geltungsbereich des Atomgesetzes [3] Verblieben sind Bodenplatten, Kellerwände, Rohrkanäle sowie das Gebäude 90 und die Neutronenhalle zur Weiternutzung (s.u.). |
Am Rückbau beteiligte Firmen: |
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Probleme: | Bis 2000 wurden weiterhin Isotopen produziert, während in anderen Anlagenbereichen bereits mit Stilllegungs- und Rückbauarbeiten begonnen wurde, was kontinuierliche Anpassungen erforderte. [5] Die Erfahrungen aus der Betriebszeit der Isotopenproduktion waren nur unzreichend dokumentiert. Durch die vielfältigen Produktionsprozesse kam es aber zu manigfaltigen Kontaminationen und Aktivierungen. [2] "Die im Rahmen der radiologischen Aufklärung ermittelten Nuklidvektoren der Kontaminationen an Anlagenteilen und Gebäudeoberflächen waren in den einzelnen Anlagebereichen und oftmals sogar in einem einzigen Produktionsraum sehr unterschiedlich." [...] Die Nuklide Cobalt-60, Europium-152 und Europium-154 wurden an fast allen Orten gefunden, "obwohl an vielen dieser Orte niemals mit diesen Nukliden zur Herstellung von markierten Produkten umgegangen wurde." [2] Rohrleitungen in Rohrkanälen unterhalb von Gebäudebodenplatten waren kontaminiert. Deshalb konnten die Gebäude vor ihrem Abriss nicht freigegeben werden. [2] Ein Heiße-Zellen-Abfluss war "...durch eine sehr harte Verkrustung aus Aluminiumoxid, Aluminiumnitrat und Uranylnitrat..." total verstopft und musste mittels eines Hochdruckreinigungssystems und einer Spezialschleuse gereinigt werden. Das kontaminierte Wasser wurde in einem eigens dafür ausgelegten Behältersystem aufgefangen. [5] |
Weiternutzung: | Das Gebäude 90 wird als VKTA-Bürogebäude weitergenutzt. [5] "Das Gebäude der Neutronenhalle wurde dem Helmholtz-Zentrum Dresden-Rossendorf e.V. zur freien Verwendung übergeben." [3] |
Kosten: | 33 Mio. € für Planung, Genehmigung und Durchführung der Rückbauarbeiten ohne Konditionierung in der ESR sowie ohne Zwischen- und Endlagerung. [5] |
Abfälle |
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Konditionierung: | Kernbrennstoffhaltige mittelradioaktive Abfalllösungen aus dem AMOR-Anlagenkomplex wurden in einer mobilen Konditionierungsanlage MOSS-200 im Gebäude 19.1 zementiert. [5] |
Freigabe: | "Der VKTA darf auf Basis seines Freigabebescheides die Unterschreitung der Freigabewerte selbst feststellen. [...] Beim Rückbau der Isotopenproduktion wurden komplexe Freigabevorgänge in umfangreichen Freimessprogrammen beschrieben und dem SMUL zur Zustimmung vorgelegt." [5] Von den Erdreichmassen wurden 0,5 m³ von 10 m³-Chargen gemessen, Bauschutt wurde zu 100% gebrochen und in der Freimessanlage gemessen. [5] Mehr als 97% der Reststoffe aus der Isotopenproduktion konnten uneingeschränkt, bzw. zweckgerichtet (z.B. Verbrennung, Deponierung) freigegeben werden. [5] Bei den zu verfüllenden Baugruben musste noch eine Abdeckung mit standorteigenem unbelasteten oder standortfremdem Material vorgenommen werden. Das SMUL regelte jeweils die notwenige Mächtigkeit der Abdeckschicht, um eine Freigabe erwirken zu können. [5] |
Verbringung von Abfällen vom Standort Rossendorf: | BNFL Sellafield (GB):
Morsleben (vom ZfK Rossendorf gesamt): "Externer Entsorger":
Kalter Bach: sämtliche der ESR übergebenen schwachradioaktiven Abwässer aus der Stilllegung und dem Rückbau der Rossendorfer Isotopenproduktion konnten nach deren Behandlung über eine standorteigene Laborabwasserreinigungsanlage in den Vorfluter "Kalter Bach" eingeleitet werden. [5] Deponie Grumbach: (vom ZfK Rossendorf gesamt) 120 t freigemessene radioaktive Abfälle [11] Deponie Wetro: (vom ZfK Rossendorf gesamt) 50 t freigemessene radioaktive Abfälle [11] Deponie Freiberg: (vom ZfK Rossendorf gesamt) 0,5 t freigemessene radioaktive Abfälle [11] Deponie Lützen: (vom ZfK Rossendorf gesamt) 8 t freigemessene radioaktive Abfälle [11] |
Adressen | |
Betreiber: | VKTA – Strahlenschutz, Analytik & Entsorgung Rossendorf e.V., Postfach 510119, 01314 Dresden, Tel.: 0351 / 260-0, Fax: 0351/260-3236, kontakt(at)vkta.de, www.vkta.de |
Behörden: | Sächsisches Staatsministerium für Umwelt und Landwirtschaft, Archivstraße 1, 01097 Dresden, Postfach 10 05 10, 01076 Dresden, Tel.: 0351 / 564-0, Fax: 0351 / 564-2099, Poststelle(at)smul.sachsen.de, www.smul.sachsen.de Staatliche Betriebsgesellschaft für Umwelt und Landwirtschaft, Altwahnsdorf 12, 01445 Radebeul, Tel.: 0351/8312-633, Poststelle.bful(at)smul.sachsen.de |
Quellen[3] VKTA: Der Rossendorfer Forschungsreaktor - Beendigung der nuklearen Altlastensanierung, 2019 [4] Sebastian Pflugbeil: Der radikale Ausstieg, Das Grüne Blatt, 2/2005 [6] VKTA: Jahresbericht 2010, S. 14f. [7] VKTA: Jahresbericht 2013, S. 19 |
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